„Bundesheer als COVID-19 Krisen-Akteur!“

Immer noch "die" stragische Handlungsreservere im Krisenfall

Studie des Austria Institut für Europa- und Sicherheitspolitik veröffentlicht

Wie die nunmehr auf dem Höhepunkt der dritten Welle veröffentliche Studie des angesehenen AIES bestätigt, wird die Leistung des Bundesheers in der Pandemie, in der Öffentlichkeit wieder einmal weit unterschätzt. Kaum jemand hat wahrgenommen wie viele verschiedene Aufgaben unsere Soldatinnen und Soldaten 2020 im Rahmen der Pandemiebekämpfung zu erfüllen hatten. Dazu ist erstmals in der II Republik auch ein Teil der Miliz einberufen worden.

Es ist sinnlos zu sagen: Wir tun unser Bestes.

Es muss dir gelingen, das zu tun, was erforderlich ist.

Sir Winston Churchill

Dies zeigte einmal mehr welchen hohen Wert unser Heer, mit seinen weit über die militärischen Sicherheitsdienstleistungen hinausgehenden Leistungsspektrum, für unser Land hat.  In dieser Krise hat sich das Bundesheer erneut als prompt verfügbare strategisch unverzichtbare Handlungsreserve der Republik mehr als bewährt. Gerade seine einzigartigen Fähigkeiten in Bereichen die von zivilen Organisationen, nur unzureichend oder gar nicht abgedeckt werden können, waren dafür erneut ausschlaggebend. Nicht umsonst hat die Bundesregierung bereits in einer sehr frühen Phase der Pandemie auf das Bundesheer zurück gegriffen. 

Im Jahresvergleich seine Leistung verfünffacht!

Militärkommandant von OÖ Brigadier Mag. Dieter Muhr

Im Vergleich zu 2019 hat sich 2020 die Anzahl seiner Einsätze verdoppelt. Der Umfang der Arbeitsstunden hat sich auf das Fünffache vervielfacht.  Neben dem laufenden Betrieb mit den Covid-19 Assistenzeinsätzen im Inland konnten 2020 trotzdem die laufenden 15 verschiedene Auslandsmissionen mit 770 Soldat(inn)en im Jahresdurchschnitt aufrecht erhalten werden. Zu Spitzenzeiten des Assistenzeinsatzes Covid-19 waren 8.500 Soldatinnen und Soldaten im Einsatz, was 39 Prozent des Präsenzstandes entspricht. Davon hatten Grundwehrdiener die personelle Hauptlast zu tragen.  Mit 13 Milizkompanien mit ca. 1.500 Soldaten sowie durch eine Verlängerung des Präsenzdiensts von 2.500 Grundwehrdienern konnten alle Aufträge erfüllt werden. Die Ergebnisse der Studie sind sinngemäß auch auf das Bundesheer im Bereich des Militärkommando Oberösterreich übertragbar.

Miliz als effektive personelle Reserve bestätigt

Bundesweit gab es zu Amtshilfeleistungen des Bundesheers etwa beim Contact Tracing.

Erstmals seit seiner Wiederaufstellung 1955 hat das Bundesheer auch auf seine personelle Reserven in der Miliz zurückgreifen müssen. Über diese Teilmobilmachung wurden die Kräfte für die Erfüllung akut beschlossener Regierungsaufträge bereitgestellt. Niemand sonst kann in so kurzer Zeit für so umfangreiche Maßnahmen die personelle Breite zur Verfügung stellen. Organisation, Ausrüstung und Versorgung, wurden trotz der Mängel durch die jahrelange Unterfinanzierung des Heeresbudgets, “geräuschlos” aufgestellt. Das ist eine  kaum beachteten Topleistungen des Bundesministeriums für Landesverteidigung sowie der Operativen Ebene des Bundesheeres.

Nur mit Einsatzbereitschaft und Improvisationswillen von Patrioten

Wie schon mehrmals zuvor war die Erfüllung aller Aufträge an das Bundesheer auch 2020 nur durch den hohen Improvisationswillen und außerordentliche Einsatzbereitschaft der Kommandanten und Soldaten möglich. Sie haben damit die Qualitativen und Quantitativen Mängel bei der personellen, räumlichen und technischen Ausstattungen ausgeglichen, womit die Einsatzziele erreichbar wurden. Ihnen ist es zu danken das im Rahmen einer Online-Umfrage mit 15.374 Testpersonen im Dezember 2020, 96 % der Befragten den Kriseneinsatz durch das Bundesheer als sehr gut beurteilt haben. Dabei befürworteten neun von zehn ÖsterreicherInnen (= 88%) auch die Mobilisierung der Miliz.

Im europäischen Vergleich ein überdurchschnittlicher Leistungsumfang!

Im Erfahrungsaustausch auf europäischer Ministerebene – Bundesministerin Mag. Klaudia Tanner hier mit Schwedens Verteidigungsminister Peter Hultqvist.

Besonders auffallend ist die hervorragende Leistung des Bundesheers aber immer erst dann, wenn man sie im europäischen Vergleich betrachtet. Das auch auf die Einwohnerzahl des Landes vergleichbar kleine österreichische Bundesheer, erfüllt im Maßstab zu den anderen Armeen europäischer Länder ein überdurchschnittlich breites Aufgabenspektrum. Von der Größe her liegt das Bundesheer im EU-Vergleich auf Platz 15. der Armeen in Europa. Aber es hat im pro Kopf Vergleich ein weit unter vergleichbaren Armeen liegendes schmales Budget um das umfangreiche Auftragsspektrum zu erfüllen. Trotz der finanziellen Beschränkungen liegt das Bundesheer, bezogen auf die Einwohnerzahl Österreichs im EU-Vergleich, bei Auslandsmissionen sogar auf Platz sechs.  Bezogen auf die Größe der Streitkräfte liegt es in diesem Sektor sogar auf Platz vier.

Aufgabenspektrum im Vergleich mit der deutschen Bundeswehr

Trotz aller erdenklichen Resourcen beschränkt sich das Einsatzspektrum der Deutschen Bundeswehr verfassungsrechtlich nur auf die Vollziehung von hoheitlichen Zwang. Alles weitere ist nur mit eingehenden Debatten sowie Bundestags- und Bundesratsbeschlüssen möglich.  In Österreich obliegen dem Bundesheer per Verfassung neben der Landesverteidigung, der Schutz der verfassungsmäßigen Einrichtungen und ihrer Handlungsfähigkeit sowie der demokratischen Freiheiten der Einwohner sowie die Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit im Inneren als auch die breit auszulegende Hilfeleistung bei Elementarereignissen und Unglücksfällen außergewöhnlichen Umfanges. Darin sind normalerweise alle erdenklichen Amtshilfeleistungen für die Regierung im In und Ausland gut unterzubringen.  1975 gelangte die bis heute gültige Basis dafür als Artikel 9a in die Verfassung. In der Öffentlichkeit ist sie Interessierten als Umfassende Landesverteidigung (ULV) ein Begriff. Hinter dem sperrigen Wort steht der Gedanke, Verteidigung nicht nur klassisch militärisch mit Waffen, sondern auch zivil, wirtschaftlich und geistig zu betreiben.

Bundesheer genießt höchste Akzeptanz in der Bevölkerung

Österreich war damit lange Zeit europäisches Musterbeispiel für eine in die Bevölkerung integrierte Landesverteidigung. Obwohl das Bundesheer keine zusätzlichen Spitalskapazitäten mehr anbieten kann, hat es sich in der aktuellen Krise als Trendsetter bzw. Primus im Einsatz in den unterschiedlichen Bereichen bewiesen. Seine Einsätze sind stets von einem hohen Vertrauen sowie der positiven Zustimmung der österreichischen Bevölkerung begleitet. Sie weiß das in Katastrophen- und Krisensituationen die Kompetenzen und Führungsleistungen des Bundesheeres unbedingt erforderlich sind. Dies hat sich auch in der Wehrdienst Volksabstimmung zum Ausdruck gebracht.

Trotz klammer Kassen braucht es stete Anpassung!

Ein Heer muss sich stets den aktuellen Entwicklungen anpassen und erlebt deshalb ununterbrochen Veränderungen. Dies ist bei allen Armeen nur durch meist unbeliebte laufende Reformen umzusetzen. Mit der zur Zeit von Bundesministerin Maga. Klaudia Tanner angestoßenen Anpassung der Bundesheer Strukturen an die Herausforderungen des IT Zeitalters, sind viele neue Aufgabenfelder hinzukommen. Die bisher gewohnten militärischen Herausforderungen werden zum Teil wegfallen. Trotz der neuen Anforderungen sollten klassische militärische Grundfähigkeiten nicht restlos verloren gehen. Dies in allen Bereichen unter einen Hut zubringen ist auch eine große wirtschaftliche Herausforderung. Mit den zuletzt veröffentlichten Plänen für eine langfristige Erhöhung des Heeresbudgets geht die finanzielle Entwicklung in die richtige Richtung, wenn auch die Gesamthöhe noch nicht ausreicht schnell voran zu kommen. Wie immer werden in der Praxis und im Zeitraum der Umsetzung sicher noch zahlreiche Verbesserungen im finanziellen Bereich und Änderungen im System erforderlich sein. Dennoch zeigt die Einrichtung von autarken Sicherheitsinseln in den Bundesländern, der Ausbau der Cyberfähigkeiten und die Erneuerung von Gerät, dass die Erfordernisse erkannt wurden und in einer schrittweisen Umsetzung angegangen werden.

Investitionen ins Bundesheer sind eine Versicherungsprämien

Um dieses Leistungsspektrum aufrecht zu erhalten müssen militärische Kräfte ständig verfügbar gehalten werden. Der ökonomische Gesichtspunkt der Aufwendungen ist hier wie bei einer Versicherung nur in längeren Zeiträumen, also über Regierungsperioden hinweg, in einer gesamtheitlichen Betrachtung seriös möglich. Die Notwendigkeit ist unbestritten. Daher darf die finanzielle Ausstattung zum Schutz von Menschen und Werten kein Hindernis darstellen. Wie die derzeitige Situation aufzeigt macht es Sinn, personelle Reserven und Rüstzeug sowie besonderes Gerät und Ausrüstung für schwierige Zeiten beim Bundesheer in Kasernen und Lagern mit moderner Logistik bereit zu halten. Ja, wenn es brennt kommt es darauf an, dass man das Erforderliche rechtzeitig und vernünftig erledigen kann! So die nüchterne Feststellung eines Fachmannes, dem Militärkommandanten von Oberösterreich, Brigadier Mag. Dieter Muhr.